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24.7.05

Bewegung

Nach dem Kunst wie Philosophie vom reinen Schauen zum Schauen auf sich selbst und von dort aus zur Schau auf ihr eigenes Schauen sich verstiegen haben, bleibt die Frage: „Was jetzt?“. Eine Schau der Schau der Schau ist wohl auszuschließen. Oder kommt doch noch mal etwas neues?
Aber welche Wege sind noch offen? Sollte man vielleicht zurückgehen, zum Beispiel auf Kant, oder doch schon eher auf Descartes, vielleicht weiter zurück und Platon neu interpretieren, oder gar bei noch den Vorsokratikern anfangen? Vielleicht ist dort ja noch was zu holen. Oder ist das alles zu weit? Oder ist es vielleicht bereits zu nah? Sind wir nicht schon an den Pollern der Geschichte angestoßen? Oft genug wurde genau das konstatiert. Es war wohl aber weniger ein Crash, als eher ein vorsichtiger Kuss. Wie in Zeitlupe und ganz behutsam, denn bevor die Geschichte ankam, war sie schon so langsam, dass man meinen konnte sie stehe still. Oder täuscht der Stillstand vielleicht? Hat der Zug nicht schon wieder Fahrt aufgenommen?
Unser Schauen seit den 90ern war ein verstörter, vielleicht schon angstvoller Blick aus dem Fenster, nach unten auf die Räder des Zuges. Ob sie sich denn bewegen, war die Frage. Die Antwort ist seit geraumer Zeit eindeutig: Ja, sie bewegen sich. Wir alle merken es. Wir brauchen nicht mal aus dem Fenster zu schauen, um die Bewegung zu spüren. Nicht wirklich schnell aber doch mit einer gewissen Beschleunigung. Aber irgendetwas ist anders.
Mit gemischten Gefühlen werden wir gewahr, dass wir wieder unterwegs sind. Gemischt deshalb, weil uns die Bewegung einerseits sagt, dass es nun endlich weitergeht. Andererseits macht sich eine mulmige Stimmung breit ob dieser Bewegung, denn jedem ist klar, dass der Motor, der uns hier herbrachte, diese geniale menschliche Konstruktion, dass dieser Motor nicht mehr läuft. Die Zahnräder im Maschinenraum stehen still und kein Summen ist zu hören. Die Bewegung ist lautlos und gespenstisch.
Nun sind wir also wieder unterwegs. Aber wohin? Vorwärts geht’s nicht mehr weiter und der steile Anstieg liegt schon lange hinter uns. Es ist eine Bewegung, derer wir nicht mehr Herr sind, die nicht mehr getragen wird von unseren Vorstellungen, Gesetzen, Energien und Ideen.
Die ersten Leute beginnen bereits, sich zur anderen Richtung hin umzusetzen.