Waking Life und der philosophische Film
Die Handlung ist schnell erzählt. Ein Junge wandelt durch seine mehrfach verschachtelte Traumwelt und begegnet jeder Menge Menschen, die über interessante philosophische Fragestellungen sinnieren. Ich bin geneigt sogar zuzugeben, dass sich die Themen im besten Sinne in ausgefeilter Wald- und Wiesenphilosophie ergehen. Finde ich wirklich super. Eigentlich.
Aber anstatt hier diese Themen jetzt freudig aufzugreifen, will ich lieber meckern. Denn ich störe mich an dem Format des Films ansich, der mich zu ein paar medientheoretischen Überlegungen verleitet. Denn ich finde den Film dennoch nicht gut.
Da sind einerseits diese brillianten Gespräche, die den Film von vorn bis hinten tragen. Da ist anderseits diese fulminante Ästhetik, die durch das Übermalen eines Realfilms erzielt wird und dabei auch noch andauernd den Stil wechselt. Zwei Dinge, für sich genommen, die hervorragend sind.
Ersteres gäbe einen super Sammelband ab. Vielleicht eine Radioserie auf Deutschlandfunk Kultur, oder eine gelungene Arte-Dokumentation.
Zweiteres wäre vielseitig einsetzbar, z.B. in Musikvideos, als Kunstfilm oder in einem avangardistischen Shortfilm.
Beides zusammen in einem Spielfilm kann auch funktionieren, wenn nur nicht etwas Entscheidendes vernachlässigt worden wäre: Die Übersetzung.
Es gibt in dem Film kaum eine Übersetzungsleistung, die einem Spielfilm gerecht würde. Das Format wurde verfehlt, sozusagen. Es wurden Texte zusammengeklebt und eine Handlung drumrumgeschrieben, die beinahe zu vernachlässigen ist. Das Ganze ist eine nett colorierte philosophische Anthologie, aber mitnichten philosophischer Film.
Damit meine ich, dass es durchaus philosophische Filme gibt, dass diese Filme aber nicht daraus bestehen, dass die Leute sich über Philosophie unterhalten. Vielmehr schaffen es die guten Filme, die Themen die sie beackern in einer filmischen Sprache, mit filmischen Mitteln zu reflektieren.
Gute philosophische Filme, kommen meist nicht als solche daher. Sie erzählen eine Geschichte, sie stellen Charaktere dar, sie schaffen ein Setting für philosophische Fragestellungen mit den Mitteln des Mediums Film. So etwa wie bei David Lynch, Jim Jarmusch oder Spike Jonze. Der Film als Medium hat seine eigenen Stärken, Fragen zu stellen.
Diese blieben bei Waking Life weitestgehend ungenutzt, was sehr schade ist. Es sind Ansätze da, sie verbleiben aber mehr im Hintergrund und überlassen die Bühne dem schlichten, nackten Wort. Ganz einfach: Für Waking Life hätte es keinen Film gebraucht, denn sein Inhalt bleibt weitestgehend unübersetzt.
Es ist also vielleicht mehr diese Enttäuschung, die mir den Film verleidet, als dass er nicht sehenswert ist. Denn das ist er nämlich trotzdem. Ich würde ihn jedem empfehlen, denn er weiß zu bereichern. Aber ich würde ihn nicht als Film empfehlen, sondern als Buch mit netten bewegten Illustrationen. Also geht hin und lest Waking Life, das beste Buch, das je Film sein wollte.
Labels: filme, medienphilosophie, philosophie, waking life
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