Die Null
Gestern bin ich wieder über ein altes Buch gestolpert, das mich schon vor Jahren faszinierte. "Die Null und das Nichts". Brian Rotman ist Mathematiker und hat sich mit der Kulturgeschichte der Null auseinandergesetzt. Obwohl das Buch eher populärwissenschaftlicher Natur ist (so wie eigentlich alles, was so aus den USA herübergeschwappt kommt), sind die Gedanken zu dem Thema durchaus sehr inspirierend.
Er bedient sich einer Art foucaultschen Archäologie und verwickelt die Einführung der arabischen Ziffern (und der damit der Null) im Abendland mit der Erfindung der Zentralperspektive und dem Aufkommen des Geldes, das die Tauschwirtschaft abgelöst hat. Die Parallelen sind frappierend und geben Anlass über die Notwendigkeit und die artifizialität des Nullpunktes im abendländischen Denken zu philosophieren.
Ich hab mir dort gestern das letzte Kapitel "Text" durchgelesen, wo er seine Ergebnisse auf die Dekonstruktion Derridas anwendet. Der Nullpunkt als markierter Ursprung in der Logik der Mathematik, sozusagen das semiotische Präsenzmodell der Logik schlechthin, müsse neu gedacht werden. Abgesehen davon, dass ich selten eine so gute Wiedergabe des derridaschen Denkens in der Sekundärliteratur gelesen habe (auch noch von einem Fachfremden), ist seine Gegenüberstellung von frei flottierendem Geld und dem post-dekonstruktiven Zeichen wegweisend. (Jaja, so was ähnliches hat auch schon Baudrillard beschrieben, nur viel platter).
Der Geldstrohm heutiger Kapitalmärkte (er nennt es Xenogeld), der keinerlei Wertreferenz mehr "bezeichnet" ist die Quasi-Dekonstruktion der vorherschenden ökonomischen Denkmodelle.
Also, warum hört dem Kerl denn keiner zu? Fight Zero!
0 Zitate:
Kommentar veröffentlichen
<< Home