Wie wollen wir leben?
Nachtrag zu Steingart:
Wann werden es diese Spacken endlich begreifen? Klar ist das krass wenn Siemens wieder ein Werk schließt. Und sicher, es wird auch kräftig investiert in andere Volkswirtschaften. Aber das ist nichts, absolut GAR NICHTS was sich im Stillen, im kleinen Rahmen, was sich in den nichtmessbaren Quatenverschiebungen aufsummiert und wofür allein die Technologie verantwortlich ist. Und das ist alles ja nur der Anfang.
Jede neue Software, jeder neue Automat, jede nur kleinste Weiterentwicklung der Robotik, jeder noch so kleine Erfolg in der Entwicklung von "intelligenter Software" vernichtet Arbeitsplätze!
Und zwar jedes Mal um ein vielfaches mehr als sie erschafft. Ich sage voraus: Jede Arbeit die irgendwie berechenbar ist, wird von Maschinen gemacht werden. Das leitet sich schon aus Alan Turings "On computable Numbers ..." ab.
Warum beschwert sich darüber keiner? Weil es nicht so spektakulär ist, eine Fabrik zu modernisieren als eine zu schließen? Weil neue Soft- und Hardware statt in einem Betrieb tausend Arbeitsplätze zu vernichten in zweitausend Betrieben je einen vernichtet? Oder ist es einfach die Tatsache, dass wir sie alle gerne benutzen, die Soft- und Hardware, weil wir ohne sie nicht mehr leben wollen, weil sie uns - und anderen - die Arbeit abnimmt und die Preise fallen lässt. Haben wir sie nicht aus eben diesem Grund entwickelt? Dass wir weniger Arbeit haben? Arbeit, die wir nebenbei auch überhaupt nicht mehr bereit wären zu tun? Wer will heute schon die Geschäftszahlen aus einem riesigen Aktenberg extrahieren? Wer trauert ihnen denn nach, den Bankangestellten, den Telefonistinnen, den Buchhaltern, den Reisebüroangestellten, den „kann ich ihnen helfen?“-Verkäufern? Wer wird den Frisören nachtrauern, wenn jeder seinen elektronischen Frisör zuhause hat? Wer wird sich um die Versicherungsvertreter sorgen, wenn das Web die nötige Transparenz geschaffen hat?
Die Arbeitsplatzauslagerung ist alleine schon deswegen ein Rattenschiss, weil sie fast ausschließlich Arbeitsplätze aus der Produktion betrifft. Ein Bereich, der schon in den 20, 30 Jahren zuvor zu eine Fußnote der Geschichte ausgeblutet wurde, jedenfalls hier in unserer postindustriellen Gesellschaft. POSTindustriell! Sagt Ihnen das was, Herr Steingart?
Ich kann diese Standortdebatte nicht mehr hören. Ich kann das Geblubber der Politiker nicht mehr hören. Arbeitsplätze. Ha, Arbeit ist das, was wir geschafft haben abzuschaffen. Und diesen Traum träumt die Menschheit nicht erst seit gestern. Der ist älter als die Bibel. Älter als jedes Schriftstück. Und nun ist er da. Zum greifen nah. Und wir träumen von Arbeitsplätzen und schauen neidisch auf hungernde Inder und sich zu tode rackernde Chinesen. Das ist doch völlig absurd.
Ich will wissen, wann es soweit sein wird, dass wir die Früchte unseres Tuns genießen können? Was werden wir tun, wenn die Maschinen für uns arbeiten? Wovon werden wir leben? Wir haben die Machinen für uns entwickelt, nicht gegen uns!
Wo kann der neue Sinn herkommen, der Sinn jenseits der Arbeit? Wir haben es verlernt: das Leben. Jetzt haben wir kollektiven Feierabend und wir wissen nichts mit unserer Zeit anzufangen. Es gibt Probleme zu lösen, aber das sind andere, als die von denen die Politiker, Journalisten und Lobbyverbände sprechen:
Die erste Forderung: Liebe Politiker. Wenn ihr nicht gleich aufhört rumzuwäschen, hauen wir euch vom Platz. Und husch husch, bereitet den Boden für das Bürgergeld! Ihr sollt auf unserer Seite stehen, dafür haben wir Euch gewählt!
Die zweite Forderung geht an die Wirtschaft: Gebt das Geld her, das die Maschinen erarbeitet haben. Denn wir haben sie gebaut. Es ist unser Geld und wir brauchen es jetzt wieder, um zu leben. Neinnein, ihr müsst nicht investieren. Ist doch alles in Butter hier. Lasst uns Geld endlich sinnvoll ausgeben.
Die dritte Forderung geht an die Künstler: Gebt Eure Privilegien ab. Und Eure Fertigkeiten. An alle anderen. Wir müssen jetzt alle Künstler werden.
Die vierte an die Philosophen: Macht euch einen Kopp darum, wie die Ideologie der Arbeit uns so hat einnehmen können. Und bereitet neue Konzepte für Sinn vor. Sie werden sehr bald gebraucht.
10 Zitate:
Kommentar veröffentlichen
<< Home