Was von Spreeblick übrig blieb
Aber mir ist der Kragen geplatzt, als ich gestern Johnny's Rechtfertigung für den Adical-Yahoo Deal gelesen hab.
Ich hab nichts gegen Adical. Ich habe zwar bedenken geäußert, was die Professionalisierung des Bloggens anbelangt, aber ich bin nicht grundsätzlich gegen Werbung in Blogs. Ich bin sogar hoch erfreut gewesen, dass die Initiative für ein Blog-Vermarktungsnetzwerk aus der Bloggosphäre selber stammt. Dementsprechend habe ich mich auch nie beteiligt an dem Adicalgebashe. Ich persönlich würde zwar keine Werbung wollen, aber ich würde auch niemandem vorschreiben, es mir gleichzutun.
Als Adical als ersten Partner Cisco an Land gezogen hat, war ich wenig begeistert. Deren Engagement in China ist nicht wirklich hübsch. „This Website was sensored for you, by cisco technologies“
Ich habe aber nichts gesagt. So was passiert und es ist schwierig, eine global agierende Firma zu finden, die sich nicht dem chinesischen System anpasst. Adical will Geld verdienen, da muss man Kompromisse machen. Man muss abwägen, man muss entscheiden, ob man auf so was Lust hat oder nicht. Ich hätte mich anders entschieden. Aber gut. Kann man drüber streiten.
Aber ich denke es gibt eine Grenze. Und egal wo man diese Grenze gerne ziehen möchte, Yahoo steht auf der anderen Seite. Yahoo zensiert Suchergebnisse, die der chinesischen Regierung ein Dorn im Auge sind. (Mittlerweile fangen sie auch in Deutschland an) Nicht schön, das. Aber Yahoo geht weiter. Weiter als Google und alle seine Mitbewerber. Es liefert auch auf Zuruf die personenbezogenen Daten von Dissidenten und anderen regierungskritischen Nutzern. Freiwillig. Ohne gesetzliche Verpflichtung. Yahoo denunziert. Es zeigt mit dem Finger auf das Versteck und schreit: „da ist der Verräter!“
Und nein. Es ist nicht das selbe wie Suchergebnisse zensieren oder die Technik zur Zensur zu liefern. Und nein, Yahoo ist damit ganz alleine, das macht keine andere Firma. Und nein, das geht nicht. Absolut nicht. Das ist böse. Da gibt es nichts zu beschönigen. Da gibt es nichts zu relativieren. Das ist unentschuldbar.
Ich lese Spreeblick gerne. Seit Malte dort
Aber dann las ich diesen Eintrag. Der gab mir zu denken.
Was, wenn Johnny nicht Wahrheit sagt? Vielleicht kann er gar nicht anders, als Yahoo als Kunden anzunehmen. In der Werbung, kann man es sich vielleicht tatsächlich nicht erlauben, Kunden abzulehnen. Nicht weil man auf diesen einen Kunden angewiesen wäre, sondern weil potentielle andere Kunden davon abgeschreckt würden. Es könnte sein, dass Johnny gerade merkt, dass Adical doch nicht ein „anderer“ Vermarkter sein kann, wenn es überleben will.
Aber da ist das Problem: Denn Blogs sind „anders“. Man kann sich nicht von der Werbung auf seinem Blog so stark distanzieren, wie es andere Medien können. (Und sorry, die Versuche das zu tun wirken meist lächerlich) Denn man hat immer die Wahl. Man hat die absolute Entscheidungshoheit über alles, was auf seinem Blog passiert. Das verwandelt alles, was auf einem Blog steht, ob man will oder nicht, inkl. Werbung auch zum Statement. Und genau das ist es auch, was Sascha Lobo und Johnny als Alleinstellungsmerkmal und großen Vorteil den Werbekunden schmackhaft machen wollen. Zurecht. Und so ist es genau diese geringe Distanz, die Yahoo nun gern für sich in Anspruch nimmt, um sein Image aufzupolieren.
Ist es so? Ist Adical auf der Einbahnstraße zum „normalen“ Vermarkter? Mögt ihr es Euch und uns und den vermarkteten Bloggern gegenüber nicht zugeben? Weil dann genau das eingetreten wäre, was die Adicalkritiker von Anfang an prophezeiht hätten?
Wenn es so ist, und eigentlich kann ich mir auch nicht anders erklären, wie man als kritischer Mensch für Yahoo werben kann, gibt es dann gar keine Grenze mehr? So wie Johnny es in seinem Artikel schon vorsichtig andeutet? Spammer und Waffenshops? Axel Springer, 9Live und Heckler und Koch? Neue soziale Marktwirtschaft, Gasprom und die CDU? (merke gerade, dass ein Großteil der gerade Genannten, eigentlich Engel sind, im Vergleich zu Yahoo. Wirklich schwer Beispiele zu finden...)
Und – was ich zudem nochmal gerne wissen würde: wie fühlt sich das eigentlich an?
Labels: adical, spreeblick, yahoo
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