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15.11.07

die Selbstaufgabe der Legislative

Es ist eigentlich ganz einfach. Es ist eine Kapitulation. Es ist die weiße Fahne, die die Abgeordneten gehisst haben. Die Legislative hat sich von ihrer Verantwortung losgelöst, sie hat uns ihre Handlungsunfähigkeit schwarz auf weiß auf den Tisch geknallt:

Eine Zustimmung ist auch deshalb vertretbar, weil davon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts möglicherweise verfassungswidrige Bestandteile für unwirksam erklärt.


Die gegebene Gewaltenteiliung zwischen Exekutive, Judikative und Legislative wird kurzerhand ad absurdum geführt, wenn einzelne Abgeordete gegen ihr Gefühl und gegen ihr Gewissen für ein Gesetz stimmen, das offensichtlich und auch in ihren Augen verfassungswidrig ist, mit der Begründung, dass es das Verfassungsgericht ja eh kassieren wird. Es ist die Bankrotterklärung des Parlaments.

Diese Absurdität passt aber in unsere jetzige Zeit und der Hilferuf der Genossen ist nur symptomatisch. Der Gesetzgeber rennt zunehmend gegen das Grundgesetz an und das einzige, was den Staat davon abhält in ein totalitäres Regime zu kippen, sind die Verfassungsrichter. Das heißt, das Verfassungsgericht nimmt zunehmend den Platz ein, den das Parlament eigentlich innehaben sollte. Da sich dieses sich aber nur noch als Abnickstation der Exekutive versteht, ist der Verweis der Genossen nur folgerichtig. Wenn die Legislative als Kontrollistanz ausfällt, bleibt einzig und alleine die Judikative.

Denn es ist ja nicht die Vorratsdatenspeicherung alleine. Es sind viele Dinge, die sich in letzter Zeit aufsummieren.

Eine der größeren Leistungen der Judikative war die Ablehnung des Bundestrojaners. Auch wenn hier die Legislative nicht eingeschaltet war, sahen die Abgeordneten doch sehr alt aus. Denn natürlich wäre es ihre Aufgabe gewesen, die Regierung dahingehend zu kontrollieren. Aber dei Stunde der Legislative ist bereits gerufen, denn Schäuble muss demnächst sein Gesetz vorlegen, das den Bundestrojaner legitimieren soll. Da von der SPD nicht viel zu erwarten ist, ist es auch hier, wie bei vielen anderen Beispielen, das Bundesverfassungsgericht, dass die Menschen noch schützen kann.

Da fragt man sich aber: wozu hab ich denn die Spinner im Parlament gewählt? Wozu wähle ich überhaupt? Anscheinend sind meine einzigen Interessenvertreter die Richter des Bundesverfassungsgerichtes. Die aber kann ich ja gar nicht wählen. Und was ist, wenn sich die Besetzung des Bundesverfassungsgerichtes einmal ändert. Wenn da plötzlich Leute sitzen, die mehr so schäublieren?

Es ist ziemlich klar, was dann alles kommt. Ist ja bereits alles angekündigt von der CDU:

Da wäre an erster Stelle das Paradigma der Präventivmaßnahme zu nennen. "Finaler Rettungsschuß", Gewahrsamnahme von Gefährdern, das Abschießen von Flugzeugen, Bundeswehreinsatz im Inneren und viele andere Dinge wurden bereits öffentlich gefordert. Diese Wendung hin zu präventiven Maßnahmen widersprechen jeglicher Rechtsstaatlichkeit. Die Unschuldsvermutung soll abgeschafft werden. Diese besagt, dass niemand Schuldig ist, bevor seine Schuld nicht bewiesen ist. Und zwar vor einem ordentlichen Gericht. Man kann dies ohne pathetisch zu werden, als die wichtigste Säule des Rechtsstaates fassen. Wer an ihr rüttelt, landet umgehend in der Willkürlichkeit einer Bananenrepublik.

Die USA haben es mit Guantanamo vorgemacht. Es sind keine Verdächtigen, die sie dort festhalten, für die es rechtsstaatliche Regeln gibt. Es sind auch keine Kriegsgefangenen, für die die Genfer Konventionen einzuhalten sind. Die USA haben einfach einen neuen Begriff eingeführt: "feindliche Kämpfer". Über feindliche Kämpfer seht nichts in der Verfassung. Feindliche Kämpfer haben also auch keine Rechte. So einfach ist das.

In Deutschland versucht die CDU das selbe mit dem Begriff "Gefährder". Es gibt keine Gesetze für oder gegen "Gefährder", also - so das Kalkül - kann man mit ihnen verfahren, wie man will. Man kann sie einsperren, oder gleich auf offener Straße abknallen. Der Finale Rettungsschuß ist nichts weiter als die Wiedereinführung des Standrechts.

Und es sollte kein Zweifel darüber bestehen, wer diese Gefährder sein werden. Das konnte man bereits schön im Vorfeld des G8 Gipfels beobachten. Oder momentan in Italien. Terrorismus ist sehr ein dehnbarer Begriff und im Zweifelsfall sind es eben Demoteilnehmer, politisch Aktive oder einfach nur unangepasste. Oder nur Menschen, die irgendwie so aussehen. Oder Leute die die Leute kennen und mit ihnen telefonieren, die so aussehen. Mit anderen Worten: Wir alle!

Von diesen Vorschlägen ist Gottseidank auch noch nichts umgesetzt worden. Ich bin aber sicher, dass die SPD - nach ein paar kurzen Zickereien - dafür stimmen würde. Um hinterher öffentlich auf das Bundesverfassungsgericht zu hoffen.

Aber selbst wenn nicht. Die Exekutive, also die Regierung hat in manchen strittigen Fragen bereits angedeutet, dass sie die Verfassung notfalls auch einfach ignorieren will. So hat Minister Jung, selbst entgegen einer vorliegenden und eindeutigen Verfassungsgerichtsentscheidung, öffentlich verkündet, zivile Flugzeuge vom Himmel zu holen zu wollen und hat sich dafür sogar schon eine paramilitärische Einheit der Luftwaffe eingeschworen.

Diese offene Verachtung gegen die Grundrechte kann man nur noch als totalitär bezeichnen. Meiner Meinung nach gehören Jung und Schäuble für diesen angekündigten Verfassungsbruch und dem damit verbundenen Massenmord auf der Stelle eingesperrt. Es muss ein Strafgesetz geben für ranghohe Politiker, die öffentlich ankündigen, die Gesetze nicht zu achten. Die Gefahr, die durch sie ausgeht, ist größer als von jedem Terroristen. Terroristen können den Rechtsstaat angreifen, abschaffen können sie ihn nicht.

Der Bundestag hat versagt. Die Legislative hat ihre Macht aufgegben. Die Repräsentative Demokratie ist am Ende. Unser Staat hängt am seidernen Faden. Dem Bundesverfassungsgericht. Und das ist ein sehr dünner Faden. Er kann schon bei der nächsten Nominierung reißen. Und dann ist das Grundgesetz nicht mehr das Papier wert, auf dem es gedruckt wurde. Dann heißt unser neues Grundgesetz "Wolfgang Schäuble".

PS: Kennt eigentlich jemand den Artikel 20 des Grundgesetzes, Absatz 4?

Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Frag ja nur...

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1 Zitate:

... oder wie Anonymous Anonym einst so treffend sagte:

"Guter Text. Spot on."

Freitag, November 16, 2007  

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