Too Cool for Internet Explorer

3.2.06

Hypersubjektivität und Zitat

Spon hat ein Interview veröffentlicht. Dort geht es um Journalismus und Blogs. Interviewt wird Thomas Leif vom „Netzwerk Recherche“, der ganz schön hart auf Blogs rumbashed und den Journalismus dagegen als den einzigen Leuchtturm in der Informationswüste hochhält.

Schön ist, dass auch gleich dabei steht, dass nicht Spon das Interview führte, sondern Webwatching.info. Das ist ja auch legitim, die Sponalisten haben das Interview gekauft und sie stellen es nun ihrerseits in Netz, auch ins Netz genauso wie webwatching.info.

Ins Netz. – Ja, das Netz, das tolle Internetz, in dem Interviews von überall auf der Welt zu erreichen sind, ganz egal, ob die Domain dafür spiegel.de oder webwatching.info heißt und ganz egal auf welchem Server sie lagern. Das tolle Netz, das verlinkt ist und verweist, immer weiter verweist, auf die Quellen der anderen, so wie Blogs das tun, verlinken und kommentieren, weiterreichen, diskutieren, zitieren, etc. Ach ja, ich liebe das Internetz.

Aber da fragt man sich – und zwar aus genau diesem Grund: hätte da bei Spon nicht ein Link gereicht? Muss man das ganze Interview noch mal ins Netz stellen? Ja, das kann man fragen, das ist legitim, aber OK, das sähe ja echt blöde aus, wenn da bei Spon nur die Überschrift und dann der Link stehen würden. Das kann man schon verstehen, dass die Sponalisten das nicht machen können, wie sieht sowas denn aus? Also kein Link sondern noch mal ins Netz stellen. Gut, aber dann kann man ja mal vorsichtig fragen, was die journalistische Leistung dieses Beitrags der Sponler ist. Ja, das kann man fragen und zunächst ist die Antwort klar: Sie haben das Interview entdeckt. Das ist ja nun nicht schlecht, aber – mal ehrlich – auch nicht so besonders toll, das haben schließlich viele andere auch getan und auch vorher schon getan, ganz besonders auch Blogger.

Aaaaber, die Sponler haben bei ihrer Recherche sicher noch mehr entdeckt, also sicher auch noch die anderen Interviews gelesen die dort auch schon veröffentlicht sind. Sie haben sie sicher ausgewertet aber dann doch nicht genommen. Und das ist ja nicht nichts. Also kann man festhalten: die Sponacken haben dieses Interview auch ausgewählt. Die Selektion von Inhalten ist durchaus auch eine journalistische Aufgabe, das kann man schon gelten lassen. Man kann hier natürlich, gerade wenn man auch die anderen Interviews kennt, und gerade auch wenn man von den Abwehrschlachten des Spon gegenüber Bloggern weiß, vermuten, diese Selektion diene nicht primär der „Objektivität“, sondern dient vielmehr der Untermauerung der eigenen Position gegenüber den verhassten Blogs. Also ist diese Selektion vielleicht nicht gerade das, was Leif in diesem ausgewählten Interview so formuliert:

Sie [die Journalisten] versuchen, sich bei der Recherche ein möglichst objektives Bild eines Sachverhalts zu schaffen, das unbeeinflusst ist von ihren eigenen sozialen Kontexten und Ansichten. Alle beteiligten Parteien anzuhören, ist unter anderem ein entscheidendes Charakteristikum von professionellem Journalismus.

Das kann man annehmen aber nicht beweisen, objektiv beweisen, so wie Journalisten das was könnten, die ihr „Handwerk gelernt“ haben. Aber Journalisten haben Geld zu Hand und so können sie sich die Inhalte einfach zusammenkaufen, können es sich auf diese Weise sparen ihre eigene subjektive Meinung zu sagen. Denn solange man Meinungen kaufen kann, haban nur die Journalisten das Recht die „objektive Wahrheit“ ausgewählt ans Licht zu bringen.

Nun könnte man das aber ja auch gut finden, dass zum Beispiel Blogger nicht einfach nur abschreiben, Inhalte zusammenkaufen, sondern Dinge, die schon da sind, herausgreifen, indem sie verlinken und diese Dinge darüber hinaus auch noch diskutieren. Und zwar könnte man das gut finden, weil sie damit selber Inhalte generieren, vielleicht Zusatzinformation liefern und verschiedene Ansichten des Gegenstandes ermöglichen, anstatt einfach unkommentiert irgendwelche Inhalte zu doublizieren die es anderswo schon gibt, nur einen potenziellen Klick weit entfernt gibt und sich dann auch noch in dieser Redundanten Information selber auf die objektivierte Schulter klopfen.

So, wie ich das hier zum Beispiel mit diesem Beitrag gemacht habe, so wie das viele andere mit diesem Beitrag gemacht haben. Sie alle, haben diesem Beitrag weitere Inhalte aufgepfropft, sie haben verschiedene Ansichten ermöglicht, ihren Gegenstand gewendet und in anderem Licht betrachtet und das ist allemal mehr als Spon zu leisten gewusst hat.

Aber das alles kann man natürlich auch als „Tabledance“ von „selbstverliebten Egozentrikern“ abtun, so wie Leif die meisten Blogger nennt. Und Leif hat schon Recht wenn er meint:

Die meisten Blogger sind von ihrer Selbstdefinition her viel subjektiver als jeder seriöse Journalist. Während ernsthafte Journalisten zumindest versuchen, objektivierbare Kriterien einzuführen, sind viele Blogs von einer Hypersubjektivität getrieben. Der Blogger stellt seine eigene Person in den Vordergrund.

Subjektivität ist scheiße! Das geht so nicht weiter! Ich will lieber Journalist sein, so richtig „objektiv“, so wie die Sponalisten eben. Es muss sich was ändern. Sofort! Und ich habe schon eine Idee.

Ich lasse so wie Spon wenigstens das letzte Zitat völlig unkommentiert stehen, um es nicht in meiner „Hypersubjektivität“ (subjektiver noch als das Subjektive) zu verunreinigen:

Dem Großteil der Blogger geht es eben nicht ernsthaft darum, einen Sachverhalt aufzuklären oder einen Vorgang zu analysieren.

2 Zitate:

... oder wie Blogger Sven einst so treffend sagte:

"dass alle Blogger auch immer alles so pauschalisieren müssen, das ist nervig. Aber so sind se halt. Alle."

Montag, Februar 06, 2006  
... oder wie Blogger mspro einst so treffend sagte:

"sowieso. Aber alle Journalisten sind doch genauso ..."

Dienstag, Februar 07, 2006  

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