Too Cool for Internet Explorer

11.10.06

Die Logik der Verschwörung

Die Philobar bebauptet:

Verschwörungstheorien lohnen kaum die Diskussion

Einspruch!

Verschwörungstheorien sind ein durchaus interessantes Thema und gehen vielleicht tiefer das Selbstverständnis der Philosophie an, als es zunächst den Anschein hat. Die Verschwörungstheorie ist nämlich ein schönes Fallbeispiel der Theorie schlechthin. Alles muss auf die Frage zulaufen: „Warum gibt es Verschwörungstheorien?“ Es muss einen Grund und eine Ursache haben, warum es Verschwörungstheorien gibt. Das ist eine wichtige Frage und ich möchte sie hier stellen. Denn ich habe da eine Theorie ...

Aber zunächst: Was genau stört die Kritiker der Verschwörungstheorie? Was genau wird dort als „unredlich“ kritisiert? Was genau kann man der Verschwörungstheorie vorwerfen?

Die Frage der Verschwörung an sich? Oder die Frage der Theorie an sich? Beides, so muss man feststellen, wird auch von den Kritikern nicht in Frage gestellt: Weder die allgemeine Existenz der Verschwörung, noch die Notwendigkeit der Theorie. So hat Mathias Brökers zu Recht darauf hingewiesen, dass auch die „offizielle“ Version der Anschläge des 11. Septembers eine „Verschwörungstheorie“ ist. Es ist eine Theorie, die von der Verschwörung einer islamistischen Gruppe als Attentäter ausgeht.

Ist es eine Theorie? Würden die Vertreter der „offiziellen“ Version bestreiten, dass ihre Version eine Theorie ist und vielmehr behaupten sie sei ein Faktum? Was ist eine Theorie? Wenn man an Definitionen glaubt, kann man definieren: „Jede Theorie geht von dem aus, was wahrnehmbar (vielleicht faktisch ist) ist (Griechisch: theorein: beobachten, betrachten, [an]schauen) und denkt sich einen Grund dafür aus (Griechisch: theoría: Überlegung, Erkenntnis).“

Zunächst ist die Unterscheidung von Fakt und Theorie sicher erst einmal eine sehr theoretische. Ein Fakt ist etwas, dessen ich mir sicher bin, dass unanzweifelbar im Raum steht, dass ich nicht leugne, vielleicht nicht leugnen kann. Eine empirische Tatsache. Nun ist man seit jeher in der vertrackten Situation, dass man Fakten grundsätzlich in Frage stellen kann. Ich kann jeden Fakt in Frage stellen und wenn mir jemand diesen Fakt "beweist", kann ich weiterhin darauf insistieren und behaupten, die Messgeräte seien falsch geeicht, die Schiedsrichter bestochen, also: dass sich alle Welt gegen mich und meine Weltsicht verschworen haben.

Ja, es ist immer im Bereich des Möglichen, dass es eine Verschwörung gibt, dass sie nach wie vor geheim ist, und dass nur ich der letzte Zweifler bin, der der den „angeblichen“ Fakten misstraut. Das Misstrauen ist unhintergehbar und grundsätzlich unausräumbar, was schließlich und letztendlich jeden Fakt zur Theorie werden lässt.

Hier sind wir sicher der Verschwörungstheorie ein Stückchen näher gerückt und können festhalten, dass die Verschwörungstheorie die Trennung von Fakt und Theorie einerseits empfindlich angegreift, wenn nicht außer Kraft setzt. Aber andererseits sollten wir vorsichtiger sein: Die Verschwörungstheoretiker wollen mitnichten diese Trennung zwischen Fakt und Theorie aufweichen, auch wenn sie es implizit tun und wenn ihnen das auch vorgeworfen wird. Die Verschwörungstheoretiker klopfen aber genau so auf die "Fakten" und brandmarken die Gegenseite genauso als reine Theorie, genauso wie es ihnen selber vorgeworfen wird. Natürlich ist da der Vorwurf der Irrationalität nicht weit: Wikipedia über die Verschwörungstheorie:

Der Begriff wird meist zur Abwertung von Ansichten benutzt, die als unbegründet, irrational, abseitig oder sogar paranoid gelten und weltanschaulich geschlossen, also festgefügt betrachtet werden.

Halten wir kurz bei dem Begriff „irrational“ an, denn dieser Vorwurf hat eine gewisse Brisanz. Es ist eine durchaus aufklärerische Geste, das je Andersmeinde als „irrational“ zu brandmarken. Hier die rationale Erklärung (diese oder jene Ursache befördert diese oder jene Wirkung), hier die irrationale Erkärung, die keinen Grund, keine Ursache, keine Wirkung vorsieht. Kann man diesen Vorwurf den Verschwörungstheoretikern machen? Arbeiten sie nicht genauso mit Ursache und Wirkung. Ja, sind sie nicht verrückt danach die Ursache finden zu wollen, die „wahre“ Ursache, den „wahren“ Verursacher, der Verursacher, der im geheimen operiert, der noch aufgedeckt, entlarvt und erschlossen werden muss. Der geheime Grund, irgendwo da draußen. Ist das nicht die rationale Ethik selbst, der Anfang jeder wissenschaftlichen Entdeckung, sich nicht mit einfachen Antworten zu begnügen, Antworten, die aus diesem oder jenem Grund unbefriedigend sind und sich deshalb auf die Suche zu begeben, nach dem "echten" Grund, der Wahrheit. Also schlicht: Der nichtzufälligen Ordnung des Seins?

Wenn wir beide Seiten also so betrachten lässt, sich festhalten: Die Verschwörungstheoretiker werfen den offiziellen vor, Theorien als Fakten zu verkaufen und die „echten“ Fakten geheim zu halten.

Die Offiziellen werfen den Verschwörungstheoretikern dagegen vor, Fakten und Theorien nicht zu trennen, Fakten nicht als Fakten anzuerkennen.

Es ist also ein Kampf zwischen einer Grenze, der Grenze zwischen Fakt und Theorie, der diese Grenze gerne nach einem bestimmten Ort hin ausrichten will. Ein klassischer Grenzkampf könnte man sagen.

Ich will hier keiner Seite das Wort reden, will aber darauf hinweisen, dass es durchaus „Fakten“ gibt, bei denen sich beide Seiten einig sind: Zunächst, dass das WTC eingestürzt ist. Als nächstes: dass die Trennung von Fakt und Theorie mitnichten eingestürzt ist. Als nächstes: Dass das eine Ursache haben muss.
Nur bei der Frage nach der Ursache sind sie sich uneinig. Was ist der Grund? War es die Verschwörung der Islamisten? War es die Verschwörung der Buschregierung? War es eine Mischung aus beidem?
Es geht nicht um Verschwörung und Nicht-Verschwörung sondern nur darum: welche Verschwörung?

Fragen wir anders: Wie sähe eigentlich das Andere der Verschwörungstheorie aus? Hier meine provokative Antwort: „Die Flugzeuge rasten aus Zufall in die Türme“.
Ja, das wäre tatsächlich eine Nicht-Verschwörungstheorie. Der Zufall träte hier als das Andere der Verschwörung auf. Der Zufall wäre also eine Lösung aus dem Dilemma der Verschwörung und Beschwörung des Grundes und vielleicht wird er uns noch etwas über das Wesen der Verschwörung und die Theorie im Allgemeinen erzählen.

Bevor ich darauf weiter eingehe, möchte ich aber zunächst auf eine andere Debatte verweisen, die eine strukturelle Ähnlichkeit mit der der Verschwörungstheorie hat, aber in der der Zufall eine, ich würde sagen prominentere, Rolle spielt: Es geht um die Debatte Kreationisten vs. Evolutionslehre, die in letzter Zeit noch mehr die öffentliche Wahrnehmung erreicht hat, als jede andere Verschwörungstheorie. Merkwürdiger Weise taucht aber hier dieser Begriff nicht auf, obwohl er sich hier viel besser zur Abgrenzung der jeweiligen Positionen eignen würde. Denn die Kreationisten setzen ihre „intelligent Design“ Theorie an einer ganz entscheidenden Stelle gegen Darwin ein: Den Zufall.

Darwin, der in dieser Debatte den Standpunkt des redlichen Wissenschaftlers einnimmt, lässt seine Theorie der Evolution auf den Zufall fußen. Die Formen, Farben und Arten, so seine These, haben sich in einem langen Prozess der zufälligen Mutation entwickelt, wobei sich abhängig von den je unterschiedlichen Gegebenheiten, also der „Lebensumstände“, gewisse Mutationen durchgesetzt haben, andere, sogar die meisten, eben nicht.

Man kann diese Zäsur nicht hoch Genug bewerten. Darwin krempelt hier in einer einzigen Geste die Wissenschaft und die Wissenschaftlichkeit um: Das rationale Prinzip schlechthin, das der „Ursache“ und der „Wirkung“ wenden sich hier gegen jede Positivität. Darwins Theorie kann (und will) nämlich nicht mehr „erklären“, wie es zu dieser oder jener Art, dieser oder jener „Eigenschaft“ gekommen ist. Was also die „Ursache“, der „Grund“ für diese Eigenschaft ist. Darwin muss hier immer auf den Zufall verweisen. Das heißt auch auf die Unentscheidbarkeit, das was jede Erklärung übersteigt, was weder Ordnung hat noch Ursache hat, das was konfus bleibt, unlogisch oder sich jeder Logik widersetzend.

Er kann lediglich erklären warum diese oder jene Eigenschaften NICHT vorhanden sind. (Sie hat sich nicht durchgesetzt)
Darwin kann keine positive Eigenschaft „erklären“, er kann kein „Faktum“ erklären. Er kann aber rückwirkend erklären, warum die Dinosaurier oder der Neandertaler ausgestorben sind. Und nicht mal das. Jedenfalls nicht konkret. (Noch heute wird darüber gestritten)

Darwin, der keinen Grund für unsere Existenz liefern kann, außer einem Zufall und dessen „Bewährung“ ist heute, vielleicht genau deshalb, die Angriffsfläche der Kreationisten. Und witziger Weise ist dieser per se unwissenschaftliche Zufall genau das, womit sich die Kreationisten sich nicht zufrieden geben: Ihr Hauptargument ist: Es muss einen Grund geben. Es muss eine Ursache haben, dass alles so ist, wie es ist. Es muss eine Verschwörung geben, eine Verschwörung eines oder mehrer Götter, jedenfalls eines Wesens, das der Verschwörung fähig ist, damit alles so ist, wie es ist. (Und ja, es ist möglich, dass man sich mit sich selbst verschwören kann, dass man sich selbst gegenüber einen Schwur leisten kann, etwas zu tun oder zu lassen, es geheim zu halten, oder beides. Es erscheint mir all zu evident, als dass ich es hier ausführen möchte, ich kann es aber bei Bedarf gerne tun)

Hier, genau hier sind wir am entscheidenden Punkt: Dieses: „Es muss einen Grund geben!“ verbindet die Kreationisten mit jeder Verschwörungstheorie – und nicht zuletzt – mit allen positiven Wissenschaften, vielleicht: mit jeder Theorie im Allgemeinen.

Wenn eine Theorie zuerst und vor allem die Unterscheidung zwischen Theorie und Faktum ist, wenn Theorie weiterhin erklären möchte was ist (Grund, Ursache, Anfang, Ursprung), wenn eine Theorie also eine rationale Erklärung ist, dann kann Darwin nicht mehr als Theoretiker begriffen werden und die Evolutionslehre muss als irrational gelten, gerade weil sie keinerlei Verschwörung beschwört. Und zwar gerade weil Darwins Denken jeder Verschwörung eine Absage erteilt.

Kämpfen in dieser Debatte nicht also „Rationalisten“ (Leute die auf eine Ursache pochen) gegen eine nicht-rationale, weil auf den Zufall bauende, also per se irrationale Annahme?

Denn der Zufall ist per se irrational. Vielleicht sogar die Definition des Irrationalen.

Ist es also nicht schon längst an der Zeit, die Begriffe zu wechseln, wenn man denn diesen Kampf führen möchte?

Zurück zu den Verschwörungstheoretikern: Ihr Anliegen und ihre Argumentation ist ebenso rational, wie die der offiziellen Version. Es ist bei beiden eine Theorie, die auf die Verschwörung, das heißt auf den Grund oder die Ursache eines gewollten, aber geheimen Handelns, einer geheimen Instanz und so weiter ausgeht. Als ob es Gott selber wäre, der die Flugzeuge gelenkt hat.

Was unterscheidet also eine Verschwörungstheorie von ihrem Anderen, wenn dieses andere selber eine Verschwörungstheorie ist? Ist es nicht vielmehr nur der Streit zwischen zwei verschiedenen Theorien?

Wo existiert die Grenze? Vielleicht eher zwischen „offiziell“ und „inoffiziell“ oder „verbreitet“, "weniger verbreitet“? Kann man beantworten, warum diese oder jene Verschwörungstheorie existiert? Kann man einen Grund, eine Ursache, vielleicht eine Verschwörung für diese Mutation der Wahrheit finden? Und sollte man es tun? Sollte man die allgemeine Verschwörung aller Verschwörungstheoretiker aufdecken, die sicher, irgendwo das draußen, existiert?

Es gibt einen klugen Begriff in der Evolutionslehre, der mir hier als ein Ausweg erscheint: „Viabilität“

Viabilität ist nicht einfach das „fittest“ aus „Survivel of the fittest“. Es ist auch nicht das „Stärksten“ aus „nur die Sträksten überleben“. Es ist grundsätzlich das Überlebenkönnen, das Lebenkönnen also, welche das Leben selbst übersteigt, und zwar ganz unabhängig von irgendwelchen zuweisbaren Eigenschaften. Es ist vielleicht selber eine Eigenschaft, aber eine sehr seltsame Eigenschaft, die sich nicht darstellt, nicht im hier und jetzt darstellt, vielleicht überhaupt nicht darstellbar ist. Von dem was ist, wird man diese Eigenschaft nur in der Zukunft feststellen können. Man wird sie festgestellt haben.

Man kann heute sagen, dass der Neandertaler, trotz (oder wegen?) seiner Stärke, nicht viabel war. Das warum lässt sich wohl in Wirklichkeit nie mit Sicherheit feststellen lassen. Es muss eine Theorie bleiben, so wie jede Ursache. Aber man kann sagen, dass er nicht viabel war, weil er nicht überlebt hat. Vielleicht bleibt sogar auch das aber nur eine Theorie, wenn es irgendwo auf der Welt, in einem fernen Land, irgendwo da draußen, unentdeckt, doch noch Neandertaler gibt? Dann wäre auch seine Viablitität eine Eigenschaft, die in der Zukunft liegt. So wie unsere Viabilität, die von uns Menschen. Sie ist jedenfalls keinesfalls sicher. Wer wird darüber entscheiden?

Die Viabilität ist also ein Gespenst, weder hier noch dort oder hier und dort. Jedenfalls gehört es einer anderen Sphäre der Realität an, einer anderen als der Gegenwart. Gleichzeitig einVersprechen in der Zukunft und eine Gewissheit in der Vergangengeit: : „Etwas wird viabel gewesen sein.“

Welche Version der Anschläge wird wohl viabel gewesen sein? Man kann es nur vermuten. Schlüssigkeitskriterien mögen dabei eine Rolle dabei spielen. Vielleicht auch nicht.

Wird die Evolutionslehre ihre Viablität beweisen? Oder ist ihre Zeit gekommen? Nietzsche sagte „Gott ist tod“ und meinte: „Die Idee von Gott ist nicht mehr viabel“. Hatte er Recht? Viele haben es lange geglaubt. Lange war die Idee von Gottes Tod viabel, doch es gibt keinen Schutz gegen die Wiederkehr der Geister. Vielleicht ist es nur das Gespenst Gottes, das uns zur Zeit heimsucht, in Form einer Verschwörung der Kreationisten. Ich denke, es ist berechtigt hier eine Verschwörung zu wittern.

Letztendlich muss ich aber selber entscheiden, was ich glauben will. Aber ich kann gewiss sein, dass meine Entscheidung eine der Entscheidungen sein wird, die über die Viablitität mitentschieden haben wird.

Ich jedenfalls glaube an Gespenster und ich nehme sie sehr ernst: Ernster als Kreationismus, Gott oder Verschwörungstheorien.

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12 Zitate:

... oder wie Anonymous Anonym einst so treffend sagte:

"Ich würde "Ursache" und "Grund" auseinanderhalten wollen, wenn man unter Grund etwas "sinnvolles" versteht. Beispiel: Warum lebe ich?
Antwort a) weil bisher nichts dazwischen kam, weil meine Eltern dann und dann dies und jenes getan haben...
Antwort b) um Gutes zu tun, um mich zu verwirklichen etc.
Das eine pure Kausalität, das andere Sinn.

Darwin hat aus der Evolution den Sinn ausgesperrt, aber nicht die Kausalität. Die wird halt nur in statistisch erfassbarer Weise sichtbar.

Die Frage, was eine Theorie zu einer besseren Theorie als eine andere, konkurrierende macht, ist natürlich eine, die die Wissenschaftstheorie seit längerem beschäftigt. Dass nicht einzelne Fakten gegeneinander stehen, weil die vor dem Hintergrund von Theorien erst als solche bestimmt werden, ist ja klar. Eine Verschwörungstheorie ist, im Sinne Poppers, eine nicht falsifizierbare Theorie. Wenn sie falsifizierbar wäre, das heißt: wenn irgendetwas, das bekannt würde, ihre Vertreter dazu brächte, ihre Meinung zu ändern, dann wäre sie keine "Verschwörungstheorie", sondern eine Verschwörungshypothese, sozusagen. Und das ist auch der Unterschied zwischen der offiziellen und der nichtoffiziellen Sicht auf die Dinge, im WTC-Fall."

Donnerstag, Oktober 12, 2006  
... oder wie Blogger mspro einst so treffend sagte:

"Ich wittere hier schon wieder ein großes Missverständnis:
Auf "Sinn" in Form von "Sinnvollem Leben", wollte ich an keiner Stelle hinaus (findet man übrigens auch im ganzen Text nicht). Deshalb ist bei mir "Grund" und "Ursache" auch nicht getrennt, weil ich eben Grund nicht als „Sinn“ sehe, sondern ganz normal "als der Grund dafür", also die Ursache.

"Darwin hat aus der Evolution den Sinn ausgesperrt, aber nicht die Kausalität. Die wird halt nur in statistisch erfassbarer Weise sichtbar."
Nein: wie gesagt, es gibt keine positive Kausalität bei Darwin. Auch statistisch kann man keine Ursache für den Menschen nachweisen. Man kann zwar beispielsweise Korrelationen zwischen Klimawandel und dem Verschwinden von Arten nachweisen, niemals aber welche für das Entstehen von Arten. Darauf wollte ich hinaus.

"Eine Verschwörungstheorie ist, im Sinne Poppers, eine nicht falsifizierbare Theorie."
Man unterscheidet Falsifizierbarkeit in theoretische und praktische Falsifizierbarkeit. Ich persönlich halte die praktische Falsifizierbarkeit, jedenfalls als zwingende, grundsätzlich für unmöglich, wie ich oben bereits andeutete. Man kann an jeder praktischen Falsifikation zweifeln. Immer!

Aber gut, lassen wir uns mal auf diese theoretische Möglichkeit ein, denn sie findet ja schließlich nicht desto trotz statt:
Dann bin ich nämlich gespannt, wieso Verschwörungstheorien nicht falsifizierbar sind. (Sie werden andauernd falsifiziert und passen sich dementsprechend laufend an)

Und wenn Ihnen doch ein einleuchtender Grund einfällt, dann wäre ich sehr gespannt darauf, wie eine Theorie aussehen sollte die "falsifizierbar" ist."

Donnerstag, Oktober 12, 2006  
... oder wie Anonymous Anonym einst so treffend sagte:

"Manchmal habe ich das Gefühl, wenn ich hier kommentiere, tut es kein anderer mehr...
Danke erstmal für das Dementi :-). Also wenn Sie nicht darauf hinauswollten und das auch nicht unabsichtlich übersehen haben, dann stelle ich fest, dass es mir eine nützliche Unterscheidung zu sein scheint, nämlich derart, dass Verschwörungstheorien auf der Suche nach dem Sinn von Ereignissen sind, während empirisch orientierte Theorien auf der Suche nach den Ursachen eines Ereignisses sind.
Ich finde den Begriff der Falsifizierbarkeit nützlich. Wenn eine Theorie angeben kann, was für eine Art von Beobachtung sie falsifizieren würde, ist das ein Riesenfortschritt. Verschwörungstheorien tendieren dazu, gegenteilige Beobachtungen als Bestätigungen aufzufassen, weil die ja immerhin zeigen, dass es was zu verbergen gibt, was dann mit großer Kunstfertigkeit verborgen worden ist. Wenn ich glaube, dass ich in die Irre geführt werden soll, kann ich Beobachtungen, die gegen meine Sicht der Dinge sprechen, als Irreführungsversuch werten, und solche, die dafür sprechen, als glücklichen Blick in die Wahrheit.
Im Alltag werden Theorien laufend falsifiziert. Z.B. falsifiziert die Feststellung, dass meine Tochter krank ist, die Theorie, dass sie sich so schlecht benimmt, weil sie gerade eine Trotzphase durchmacht."

Freitag, Oktober 13, 2006  
... oder wie Blogger mspro einst so treffend sagte:

"Es wäre schön einfach, wenn man den Verschwörungstheoretikern "Sinnsuche" unterstellen könnte. Dann wäre die Wissenschaft schön raus. Das kann man wohl zwar den Terroristen unterstellen, (Sie sehen in dem Anschlag einen tieferen Sinn, sonst würden sie ihn nicht unternehmen) aber nicht den Theoretikern, die nur den "wahren" Ursachen auf der Spur sind.

Ein schönes Beispiel gibt der gute Freud ab: Lesen sie mal "Psychopathologie des Alltags". Dort Nimmt er alle möglichen Fehlleistungen auf und baut Interpretationen dazu, dass einem schwindelig wird. Teilweise grenzt das dann an Zahlenmystik, die es mit der „23“ der Illuminaten locker aufnehmen kann.
Aber alles im wissenschaftlichen Gestus, als Herleitung und psychoanalytischer Schluss. An einer Stelle kommt er dann aber ins Straucheln: Dann, wenn er den Unterschied zwischen Aberglaube und Psychoanalyse zu erklären versucht.

Ich meine, was sind die Wissenschaften? Wo kommen sie her? Aus einer Zeit, aus der man noch nicht zwischen Alchemie und Chemie getrennt hat, zwischen Magie und Medizin, zwischen Gott und Geschichte.
Wissenschaft und jegliche andere 'Okkulte oder esoterische' Ursachensuche unterscheiden sich nicht wesentlich, sondern nur im Detail.
Die Wissenschaft möchte das gerne unter den Teppich kehren, verleugnet allzu oft ihre Ursprünge und dass das was wie macht, im Grunde noch dasselbe ist, wie damals, als sie in Eingeweiden die Zukunft zu lesen versuchte.

Kennen Sie das Foucaultsche Pendel von Eco? Dort heißt es: Wenn jemand von sich behauptet er sei ein Initiierter, dann ist es keiner.
Wenn jemand beteuert er sei kein Initiierter, dann ist das zumindest schon mal sehr verdächtig.
Ja, das ist ein Problem: In dieser Situation ist es völlig unmöglich herauszufinden, ob es ÜBERHAUPT Initiierte gibt.

Und hier sind wir wieder in der Positiv/Negativ Unterscheidung. Ich kann niemals mit Sicherheit die Abwesenheit von etwas beweisen, wenn ich davon ausgehe, dass es sich versteckt.

Aber ist die Wahrheit nicht immer versteckt? Anders: Lag sie je offen zu tage? Wozu müssten wir sie dann noch suchen? Jede wissenschaftliche Hypothese muss vor aller Forschung von einer versteckten Wahrheit ausgehen, die erst durch die Forschung ans Tageslicht gebracht würde.
Überhaupt das Tageslicht, welches ja bekanntlich durch den Äther zieht. Das würde jedenfalls Michelson noch heute behaupten, wenn er noch leben würde. Der Äther war ja so eine Sache. Der Äther war Fakt, man wußte in der Wissenschaft schon lange davon, es stand in auch den Schulbüchern. Nun, wir sehen ihn zwar nicht, aber er ist da draußen, ganz sicher, unsichtbar, versteckt, verborgen.
Michelson wollte den Äther zeigen, er würde es noch heute wollen.
Obwohl Michelson selbst es war, er selbst, der die Nichtexistent des Äthers nachgewiesen hat. Mehrmals, mit eigenhändig gebauten Geräten.
Das spielt aber keine Rolle, denn zuerst, vor jeder falsifizierbaren Theorie steht der Glaube. Und der Glaube lässt sich nicht so einfach falsifizieren.

Aber mal ehrlich: Hat Michelson wirklich den Beweis angetreten, dass es keinen Äther gibt? Ich meine, sind wirklich alle Zweifel ausgeräumt? Es könnte doch sein, dass der Äther einfach keine Masse hat. Dass er grundsätzlich eine andere Art des Seins pflegt, eine, die wir noch nicht kennen/messen können. Für mich ist das kein Beweis.

Man kann also (für die Analytiker unter uns) festhalten:
1. Für alles Sein gibt es keine Ursache.
2. Für alles Nicht-Sein, keinen Beweis.
3. Daraus folgt: Da die Nichtursächlichkeit des Seins nicht ist, kann sie also nie bewiesen werden."

Freitag, Oktober 13, 2006  
... oder wie Blogger mspro einst so treffend sagte:

"Oha, der Link geht nicht: Hier, das Michelson-Morley-Experiment

Was ich also sagen möchte, ist im Grunde: Paranoidität ist eine sehr rationale Agelegenheit. Sie ist jedenfalls ohne die Rationalität gar nicht zu denken."

Freitag, Oktober 13, 2006  
... oder wie Anonymous Anonym einst so treffend sagte:

"Hallo Michi, erstmal vielen Dank für diese schöne und spannende Betrachtung. Ganz besonders gefällt mir die Gleichsetzung von Kreationismus und Verschwörungstheorie.

Ich muss Dir allerdings in einem Punkt dringend widersprechen, und das ist Deine Verwendung des Begriffes der Irrationialität. Ratio heißt Vernunft oder Verhältnis, wobei das Verhältnis hier nicht interessiert, sondern der Begriff der Vernunft. Eine rationale Ursache ist eine Ursache, die aufgrund der Faktenlage vernünftig erscheint. Wenn also eine Theorie den Zufall als Teilerklärung für ein Phänomen heranzieht, ist sie mitnichten irrational, solange vernünftige Grunde für die Existenz und die Einbeziehung des Zufalls sprechen.

Wenn einem dieser feine Unterschied nicht klar ist, dann ist deine Argumentation bestechend und ein gefährliches Argument, welches Kreationisten im Diskurs missbrauchen könnten.

Eine Theorie ist ein vereinfachtes Modell der Realität. Eine wissenschaftliche Theorie hat rational zu sein: Die Fakten müssen stimmen. Kreationismus und Evolutionstheorie erfüllen beide gleichermaßen dieses Kriterium.

Beide kranken (scheinbar?) an ihrer Geschlossenheit. Der Kreationismus krankt daran, dass er ein höheres Wesen bemüht, das sich außerhalb von Beweisbarkeit und wissenschaftlicher Betrachtung befindet. Solange es keine hinreichenden Belege für die Existenz und das Wirken einer göttlichen Kraft gibt, solange sollte man es vermeiden, eine solche in eine Diskussion einzubeziehen, denn gerade das wäre irrational im Sinne von unvernünftig/nicht der Faktenlage entsprechend.

Was sind die Beweggründe, einen Schöpfer zu bemühen? Ich will hier nicht weiter darauf eingehen, dass der Kreationismus seinen Ursprung im christlichen Fundamentalismus hat, welcher in sich antiwissenschaftlich ist. Ich will hier auch nicht näher darauf eingehen, dass es sich um ein Machtinstrument handelt, das dazu dient fundamentalchristliches Gedankengut zu verbreitern (und damit die Machtbasis bestimmter Zirkel speziell in der amerikanischen Gesellschaft). Von Interesse ist hier nur ein Punkt: Die Evolutionstheorie erscheint unbefriedigend, weil der Zufall hinzugezogen wird.

Dummerweise gibt es aber den Zufall. Die Chaostheorie zeigt eindrucksvoll, dass unsere Welt nicht deterministisch ist. Um das Verhalten eines komplexen Systemes vorauszuberechnen, benötigst Du ein noch komplexeres System zu dessen Berechnung. Es ist nicht möglich, aufgrund der Parameter Deines und meines Lebens sagen wir aus dem Jahre 1997 zu extrapolieren, dass wir uns im Jahre 2002 in einer gewissen Firma begegnen würde. Es ist reine Glaubenssache und jenseits jeder wissenschaftlicher Diskussion, ob Du jetzt dafür gerne Begriffe wie Fügung verwendest oder doch eher den Zufall bemühst.

Zusammengefasst: Beide Theorien sind rational. Der Kreationismus krankt daran, eine wissenschaftlich nicht nutzbare (messbare, beweisbare) Größe, nämlich Gott, hinzuzuziehen, während die Evolutionslehre unsere Existenz mit dem Zufall verknüpft, dessen Beliebigkeit, Ungerichtetheit und mangelnde Sinnhaftigkeit offenbar einfach für viele Menschen psychologisch schwer erträglich ist."

Sonntag, Oktober 15, 2006  
... oder wie Blogger mspro einst so treffend sagte:

"Nun, Rationalität, ist zuerst einmal ein Begriff. Begriffe - und insbesondere der der "Rationalität" - haben mannigfaltige Zuschreibungen.

Ich meine natürlich eher den Begriff des Rationalitätsmodells der zureichenden Begründung, der in der Wissenschaft nach wie vor vorherrschend ist und eben auch für die Verschwörungstheoretiker zutreffend ist. Denn Zureichendheit liegt im Auge des Betrachters...

Aber gut. Rationalität = Vernunft. Was ist denn Vernunft? Ah, Vernunft ist rational. Versuchst du mich etwa mit Tautologien zu überzeugen...? ;-)

Zu der Nichtbeweisbarkeit Gottes: Ist denn sein Darwinscher Gegenpol beweisbar? Der Zufall? Versuch mal den Zufall zu beweisen. Zu messen. Zu begründen.... :-) Ach, diese scheiß Logik der Tautologie immer wieder...

Aber einen finde ich interessant:

"Was sind die Beweggründe, einen Schöpfer zu bemühen?"
Such den Grund, suche ihn. Es muss einen Grund geben ...

"Ich will hier auch nicht näher darauf eingehen, dass es sich um ein Machtinstrument handelt,
das dazu dient fundamentalchristliches Gedankengut zu verbreitern (und damit die
Machtbasis bestimmter Zirkel speziell in der amerikanischen Gesellschaft)."

Also "Zirkel", die vielleicht mehr oder weniger im Verborgenen arbeiten. Welche die Wissenschaft unterminieren um ihre "Machtbasis" zu "verbreitern"... UUUHHHH ...

Aber nein. Du hast Recht. Es ist jedenfalls dasselbe was ich denke. Aber...da kommen wir nicht dran vorbei... es IST eine Verschwörungstheorie!"

Montag, Oktober 16, 2006  
... oder wie Anonymous Anonym einst so treffend sagte:

"Och Michi, sooo einfach ist das mit der Tautologie nun auch wieder nicht. Alles was ich zeigen wollte, ist dass Darwin nicht irrational ist, wenn er den Zufall in seine Theorie einbaut, weil es legitim ist, einen Konstrukt wie den Zufall zu verwenden.

Wenn Du die Rationalität aber gerne anders interpretieren möchtest, kannst Du das gerne auch tun, dann ist Darwin irrational, weil nach Deiner Logik der Zufall in einem rationalen Gedankengebäude keinen Platz hätte. Dann ist aber auch die Annahme eines Schöpfers irrational, weil sie sich ebenso außerhalb des beweis- und messbaren bewegt. Du siehst, ich will Dich nicht mit einer Tautologie überzeugen, die diente nur der Erläuterung des Begriffes der Rationalität, wie er üblicherweise verstanden wird. Mein Ansatz gilt auch bei abweichender Definition von Rationalität.

===ZITAT===
Man kann diese Zäsur nicht hoch Genug bewerten. Darwin krempelt hier in einer einzigen Geste die Wissenschaft und die Wissenschaftlichkeit um: Das rationale Prinzip schlechthin, das der „Ursache“ und der „Wirkung“ wenden sich hier gegen jede
==========

Nun, genau das tut Darwin ganz sicher nicht. Seine Theorie ist vollkommen rational, aus seinem Blickwinkel aber auch aus dem wissenschaftlichen Blickwinkel. So sehr ich Dir mit Deinem Artikel zustimme, möchte ich doch nicht, dass Du dem guten Onkel Darwin Irrationalität unterstellst...

===ZITAT===
Zu der Nichtbeweisbarkeit Gottes: Ist denn sein Darwinscher Gegenpol beweisbar? Der Zufall? Versuch mal den Zufall zu beweisen. Zu messen. Zu begründen....
==========

Natürlich habe ich keinen Beweis, aber ich habe doch ein ganz nettes Beispiel für die Beobachtbarkeit von Zufall gebracht. Und Denker der verschiedensten Richtung haben relativ überzeugend dargelegt, dass unsere Welt nicht deterministisch ist, also so etwas wie Zufall durchaus existiert.

Übrig bleibt die Glaubensfrage: Ist Zufall wirklich Zufall oder läuft da ein Programm ab? Wer glaubt, dass ein Programm abläuft, der fragt natürlich nach dem Programmierer. Und wir wollen immer bei irgendwelchen Abläufen einen Programmierer dahinter vermuten, weil wir sowas wie einen Sinn in den Dingen sehen wollen. Wir sind zur Mustererkennung konditioniert. Deshalb entspringen Kreationismus und Verschwörungstheorie auch derselben Wurzel. Finde diesen Gedanken von Dir sehr originell und stimme Dir da völlig zu.

===ZITAT===
Also "Zirkel", die vielleicht mehr oder weniger im Verborgenen arbeiten. Welche die Wissenschaft unterminieren um ihre "Machtbasis" zu "verbreitern"... UUUHHHH ... Aber nein. Du hast Recht. Es ist jedenfalls dasselbe was ich denke. Aber...da kommen wir nicht dran vorbei... es IST eine Verschwörungstheorie!==========

Natürlich ist es eine!

Zum Schluss noch einen kleinen Spaß: Interessant in diesem Zusammenhang ist aber das merkmal der Nicht-Falsifizierbarkeit. Die Kreationisten sind nicht falsifizierbar und haben ne Theorie mit Verschwörer drin. Darwin ist nicht falsifizierbar und hat eine Theorie ohne Verschwörer drin. Darwins Theorie kommt also mit einer Komponente weniger aus und ist daher methodisch vorzuziehen, solange sie nicht widerlegt ist. Und da sie nicht falsifizierbar ist, gilt sie ewig. :-)"

Montag, Oktober 16, 2006  
... oder wie Blogger mspro einst so treffend sagte:

"Was ich gestern schrieb, klingt heute irgendwie krass polemisch. War gar nicht so gemeint. (Note to myself: Dont drink & comment)

"Darwins Theorie kommt also mit einer Komponente weniger aus und ist daher methodisch vorzuziehen, solange sie nicht widerlegt ist. Und da sie nicht falsifizierbar ist, gilt sie ewig. :-)"
Das wäre ein ästhetisches Kriterium. Es gibt tatsächlich Ansätze, eine Theorie der "Schönheit" wegen zu bevorzugen.

Was ich mit Tautologie meinte, ist ganz einfach, dass "Vernunft" etwas derart unbestimmtes ist, dass es in meiner Terminologie einfach zu nix taugt. Solche Begriffe verleiten immer zu so Notrettungskeulen wie "aber der gesunde Menschenverstand...", oder sind ihm vielleicht sogar nicht fern. "Vernunft" hat als Argument für mich etwa die Schlagkraft von Stoibers: "Weil das ja klar ist..."

"So sehr ich Dir mit Deinem Artikel zustimme, möchte ich doch nicht, dass Du dem guten Onkel Darwin Irrationalität unterstellst..."
Du musst ein wenig auf die textlichen Unterströmungen achten. Denn wenn ich an der Stelle Darwin Irrationalität unterstelle, habe ich bereits das Wort "Rationalität" in seiner Bedeutung verschoben, dass es für Darwin sicher kein erstrebenswertes Ziel mehr ist „rational“ genannt zu werden.

Ich habe Rationalität aus gutem Grund auf die Ursache-Wirkung Füße gestellt, eben grade um diesen Begriff von so verquasten, glibberigen Dingen wie "Vernunft" wegzubekommen. Ich habe ihn wegbekommen und ihn dann in eine Falle gelockt, das gebe ich zu. Der Begriff ist mir auf den Leim gegangen, vielleicht gerade weil ich ihn vorher der "Vernunft" beraubt habe. Wenn du aber weiterhin auf einen "vernünftigen" Rationalitätsbegriff setzen möchtest, dann funzt die ganze Chose eben nicht.
Denn man kann dann ja immer einwenden: "Das ist ja irrational, weil ... das ist ja unvernünftig!" - Gähn...

"Deshalb entspringen Kreationismus und Verschwörungstheorie auch derselben Wurzel. Finde diesen Gedanken von Dir sehr originell und stimme Dir da völlig zu."
Und der Gedanke, ist wirklich nur der Stumpen seiner selbst, wenn er nicht gleichzeitig eine kritische Wissenschaftstheorie ist. Das ist das EIGENTLICHE worauf ich hinaus wollte. Und wo ich auf weiterhin darauf beharre, solange mir niemand glaubhaft machen kann (Und zwar ohne "Vernunft"-Argumentation: "Der Zufall ist doch recht vernünftig...", "Darwin war doch ein vernünftiger Mensch...", "Sei doch vernünftig, Michi...", "Die Kreationisten sind doch einfach unvernünftig, wenn ...") dass der Zufall irgendwie, in irgendeiner Weise rational ist. Oder wie sich Wissenschaft und/oder Logik von der Logik der Paranoia, der Verschwörungstheorie und des Kreationismus unterscheiden."

Montag, Oktober 16, 2006  
... oder wie Blogger mspro einst so treffend sagte:

"Nachtrag: Falls das noch nicht in aller Klarheit gewiss sein sollte:
Ich kritisiere Darwin nicht. Im Gegenteil. Ich halte ihn für einen der wichtigsten Geister des letzten Jahrhunderts. Er war vielleicht der erste Denker des Ereignisses, oder hat überhaupt das Denken des Ereignisses möglich gemacht. Und wenn die Wissenschaft für sich einen Weg aus der Krise der Paranoia suchen wollte, ich würde ihr empfehlen, bei Darwin neu anzusetzen. Und bei hm vielleicht ein Prise Demut zu schnuppern. Demut vor dem Sturz, dem Fall, dem Zufall. Aber auch den Zufall als Chance zu denken, der jede Theorie als die Kunft der Zukunft verlagert und den Fakt als das Erbe der Vergangenheit begreift, dass noch erarbeiten ist."

Montag, Oktober 16, 2006  
... oder wie Anonymous Anonym einst so treffend sagte:

"Erst einmal:
Kompliment! Eine lesenswerte nette Gemeinheit (besser gesagt: viele kleine Gemeinheiten in alle möglichen Richtungen), die ein abendliches Lesevergnügen bescherte. Schon allein wegen der netten Wendungen der Geschichte und der Freude am Argumentieren jenseits der Schablonen. Ich mag den Text, auch mit seinen kleinen demagogischen Tricks. (Warum soll sich nicht auch der Autor gegen den Leser verschwören?)

@jge:
Ich halte es ebenfalls für wenig plausibel, Verschwörungstheorien eine angeblich Nicht-Falsifizierbarkeit vorzuwerfen. Falsifizierbarkeit ist für mich mittlerweile ein alter Trick aus der Mottenkisten der Popperianer, den man ja gewöhnlich aus denn etwa dumpferen Ecke des "Sceptical Inquirer" hört und was von diesem abschmetternden Habitus eines Anathemas an sich hat. Irrationale Abwehr einer gotteswidrigen Häresie hat, um die Argumente des anderen erst gar nicht anhören zu wollen. (Nicht, daß ich das auch jge unterstellen möchte.) Denn selbstverständlich lassen sich Verschwörungstheorien falsifizieren, allerdings können ihre Verteidiger den ganz gewöhnlichen und im Wissenschaftsbetrieb auch übliche Verteidigungstaktik einsetzen, daß auch der Gegenbeweis selbst hinterfragbar ist und mit einen Theorie erklärt werden kann. Wir kennen Verteidigungstaktiken dieser und ähnlicher Art (völlig legitim!) ja zu genüge, die Diagnose eines "Dreckeffekts" ist da nur die simpelste.


@enno:
Das Gegen-Argument von Enno scheint mir, Vorurteile über Kreationisten wiederzugeben. Selbstverständlich gibt es kreationisische Ansätze, dei möglichkeit zulassen, daß die von ihnen zusätzlich angenommene Entität in ihrer biologischen Funktion beweisbar ist (allerdings nicht unbedingt in ihren theologsichen Funktionen). Gerade rede ich mit einem der Vertreter eines kreatinistischen Thinks Tanks über einen Aufsatz mit dem Thema: "Verhindert die Annahme von "Schöpfung" empirische Forschung?"
Auch wenn Enno glücklicherweise bestimmte Stereotypen, die in der Auseinandersetzung mit dem Kreationismus immer wieder benuttz werden, nur erwähnt, aber nicht zentral zu dessen Widerlegeung einsetzt, seien mir bei ihm drei Anmerkungen gestattet.

1. Die Funktionsweise von Wissenschaften ist wesentlich komplexer, als das man ein simples Heranziehen der Dichotomie Fakten nd Theorie für eine schnelle Entscheidung in der Debatte um die Kritik an der Evolutionstheorie zu verwenden. Es gibt keine von Theorien und theorieanalogen Weltbildern und Metaphern unabhängigen Fakten. Auch die Fakten, die in der Debatte um Schwachstellen und Erklärungsdefizite der Evolutionstheorie benutzt werden, sind schon für den Laien schnell nachvollziehbar theoriegeladen - sie hängen von einer Menge "Vorannahmen" ab.

2. Die Behauptung, daß einer wissenschaftliche Reformbewegung eine antiwissenschaftliche Ideologie als Motivation der Forschung zugrundeliegt, bringt einer Eonordnung wenig. Erstens ist sehr unklar, was "antiwissenschaftlich" überhaupt heißt. So etwas wie Wissenschaft ist nämlich etwas, was sich kaum an einigen klaren Kriterien beschreiben lässt, lassen wir mal die üblichen Propagandasprüche aus den 50er Jahren außen vor. Nehmen wir an, es gäbe eine unstrittige Deutung des Begriffes, dann ist zweitens ist fraglich, ob der Fundamentalismus überhaupt "antiwissenschaftlich" ist. Seine Vertreter betonen oft ihre Wertschätzung für die Wissenschaften, so wie die Kirche des Mittelalters ein Förderer der Wissenschaften war. Und die Tatsache, daß überhaupt eine ideologische Motivation vorliegt, kann wohl kaum gegen die wissenscahftlichen Aktivitäten sprechen. Sonst könnten wir das langweilige Spiel beginnen und eine lange Liste über bemerkenswert schräge ideologische Motivationen von Wissenschaftlern aufzählen und die entsprechenden Konsequenzen fürt ihre Ansätze aufzählen (wir kennen das: Giordano Bruno, Newton etc) oder ganze ideologische Richtungen benennen, die wissenschaftliche Forschungen vorangebracht haben. Wissenschaft ist immer schon untermiminiert wurden von den den vielfältigsten Interessen und Ideologien, sie gehören zu ihrem Dasein. Es gibt keine reine Motivation der Wissenschaftlichkeit, schlicht weil eine soziale Praxis von kulturellen Strömungen und handfesten Machtinteressen unterschiedlichster Player abhängt und die Menschen, die in ihr Forschen Menschen sind, die in vielfältigen sozialen Geweben eingebunden sind.

3. Genau weil der hehre Wissenschaftsbetrieb eben nicht so simpel auf eine "Wissenschaftlichkeit" oder angebliche besonders gutwillige, sprich ideologielose Erkenntnismoitviationen etc. festgelegt werden kann, liegt eben auch eine besondere Chance darin, wie wie wir wissenschaftliche Ergebnisse bewerten. Ich halte es wesentlich sinnvoller den Kreationismus darin zu kritisieren, was das wissenschaftlicher Ergebnis seiner Forschungen sein wird, ob wir diese Ergebnisse haben wollen. Denn weder die plausibelsten Gegenargumenten gegen den Neodarwinismus noch die durch den gesunden Menschenverstand und etwas geschichtliches Bewusstsein gestützte Auffassung, daß die Evolutionstheorie irgendwann (ob in Jahrzehnten oder in Jahrhunderten ist gleich) gestürzt werden wird, bedeuten ja nicht, daß wir uns nur für Evolutionstheorie oder diversen spielarten des kreationismus oder des intelligetn Design zu entscheiden haben. Und wir können wie auch in anderen wissenschaftlichen Debatten (Holocaustleugnung, Rassenforschung) nentscheiden, daß uns diese oder jene Ergebnisse nicht passen, weil sie z.B. menschenfeindlich sind oder andere wichtige Werte unseres Gemeinwohls verletzen.

@mspro
Die Wissenschaftlerin (nicht aber die Evolutionstheoretikerin) als grundsätzliche Verschwörtungstheoretikerin ist wirklich eine nette Wendung der Geschichte. Ob nicht in einem buchstäblicheren und dem Alltagsverständnis näheren Sinn auch Evolutionstheoretiker Verschwörunsgtheoretikerinnen sind, wäre ein möglicher, aber nur zweitrangig interessanter Pfad (Die irrationalen Ängste vor ein paar kreationistischen Hanseln in Deutschland; die Hysterie, wenn ein Biolehrer zugibt, nicht an die Evolutiosntheorie zu glauben etc.) Man könnte aber noch darüber nachdenken, ob jene Wissenschaftler, die um ihren Beitrag zur Erschaffung der Welt durch ihre Theorien wissen, sich nicht selbst als ein Kartell der Verschwörer sehen müssen, weil sie als Bruderschaft der Aufklärung und des Licht der Vernunft Maßnahmen ergreifen, um den ebenfalls vorhandenen Weltgestaltungswillen der Kräfte der Dunkelheit und der Irrationalität Einhalt zu gebieten.

Noch was:
Den Syllogismus in deinem zweiten Kommentar finde ich nicht überzeugend.
Welche Gründe sollten für die Gültigkeit von Satz 1 sprechen?
Wie lautet Satz überhaupt ausformuliert? "Alles was existiert, hat keine Ursache" ("kommt nicht die Eigenschaft verursacht zu")?
Die Schlußfolgerung scheint mir ebenfalls nicht korrekt: Die Nichtursächlichkeit wäre ja gegeben, nicht nicht-gegeben (also nicht "nicht ist")

Bis dann und nochmals mein Kompliment!"

Donnerstag, Oktober 19, 2006  
... oder wie Anonymous Anonym einst so treffend sagte:

"Den orthographischen und grammatikalischen Dschungel bitte ich zu entschuldigen..."

Freitag, Oktober 20, 2006  

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